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Vortrag von Bruder Martin Dreyfus über den Frankfurter Börsenmakler und Künstler John Elsas

Bruder Martin Dreyfus Ex-Präsident der Augustin Keller-Loge in Zürich referierte am 7. Mai in der Loge über den Frankfurter Börsenmakler und Künstler John Elsas. Laut Br. Martin Dreyfus betreibt die Augustin-Keller-Loge eine hervorragende und über die Maßen anerkennungswürdige kulturelle Arbeit.

Abgesehen davon war Br. Martin über 10 Jahre der Vorsitzende der deutschsprachigen Logen und sprach zunächst ein paar Worte über den aktuellen Stand zum Thema der neuen Struktur von BEE.

Die Familie von Br. Dreyfus stammt mütterlicherseits wie John Elsas aus Frankfurt und emigrierte in den dreißiger Jahren in die Schweiz. Dort wuchs Martin Dreyfus auf und entdeckte als junger Mann auf einer Benefiz-Kunstauktion zu Gunsten eines israelischen Kinderdorfes ein Konvolut aus 12 Blättern von John Elsas mit einem Brief an Heinrich Wölfflin, in dem dieser dem Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin zu dessen 70. Geburtstag am 21.6.1934 gratulierte, nachdem Elsas in der Frankfurter Zeitung einen Artikel zu diesem Anlass gelesen hatte. Dazu bat er ihn, zwölf Bilder als Geschenk anzunehmen, wofür sich Wölfflin bedankte. Martin Dreyfus konnte – da niemand sonst Interesse zeigte – von seinem Taschengeld das ganze Konvolut kaufen. Damit nahm die Beschäftigung mit dem Werk des Frankfurter Künstlers ihren Anfang.

John Elsas, eigentlich Jonas Mayer wurde 1851 in Frankfurt am Main geboren. Er war das Dritte von vier Kindern des jüdischen Handelsmanns Baruch Elsaß (1811-1892) und dessen Ehefrau Johan(n)ette, geb. Hanau (1822-1870). Wie schon Elsas Großvater, der 1801 von Offenbach am Main nach Ffm. gezogen war, führte sein Vater Baruch Elsas in der Töngesgasse ein Geschäft für Manufakturwaren. Nach dem Besuch des Philantropins in Frankfurt am Main durchlief Elsas eine kaufmännische Lehre im väterlichen Geschäft und errichtete im März 1876 eine Handlung unter seinem eigenen Namen. Er handelte selbstständig an der Börse mit Geld, aber auch mit Grundstücken und Immobilien und wurde im Adressbuch der Stadt Frankfurt als Börsensensal, Kaufmann oder auch Agent aufgeführt.

1881 heiratete Jonas Mayer Elsas Pauline, geb. Manes (1857-1911), aus Mainz. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor: Karl (1882-1922), Fanny (später in erster Ehe verh. Herz, in zweiter Ehe verh. Raff, 1884-1966) und Irma (1887-1944).

Nach seinem Berufsleben schrieb Elsas für seine beiden Enkel kleine, teilweise belehrende Verse und bebilderte sie mit farbigen Zeichnungen. Um 1926 begann eine neue und intensive Schaffensphase, in der er sich zunehmend als Künstler betätigte und seine Bilder, alle im Hoch-Format von ca. DIN A4, nummerierte und mit Datum und seiner Signatur versah. Nach jeweils ähnlichem Muster gestaltete er im oberen Drittel der Blätter eine Szene als Collage und/oder Aquarell und schloss sie mit einem Doppelstrich ab. Darunter schrieb er einen Vers, der in ernster oder auch ironisch-heiterer Form die Darstellung kommentiert. Br. Martin Dreyfus hatte eine Auswahl an Blättern dabei, die sich die Besucher aus der Nähe ansehen konnten.

Im Kunstsalon von Manfred Schames (1895-1955) wurden Bilder von Elsas zum Verkauf angeboten, und dort fand sie der Leiter des Feuilletons der Frankfurter Zeitung Benno Reifenberg, der darüber einen Artikel schrieb. John Elsas, der sich selbst als Avantgardist sah, suchte den Kontakt zu möglichen Ausstellungspartnern, zu Verlagen und zu Kunsthistorikern.

Ende 1932 wandte sich Elsas an das Städel mit dem Wunsch, dem Museum ein Bilder-Konvolut zu überlassen. Diese Schenkung von 131 Blättern wurde bald danach realisiert. Nach 1933 änderten sich jedoch die politischen Verhältnisse, die Bilder wurden nicht mehr inventarisiert. So wurden sie bei einer ersten Anfrage von Martin Dreyfus an das Städel mitte der 1970er Jahre gar nicht gefunden. Erst 2006 entdeckte man sie wieder und heute befinden sie sich in der Graphischen Sammlung des Städel Museums.

Irma, die zweite Tochter von Elsas, besuchte ein Lehrerinnenseminar und führte nach dem Tod ihrer Mutter den Haushalt, in dem sie mit ihrem Vater lebte. Nach seinem Tod verpackte sie den Nachlass in zwei Holzkisten, die erst 1954 in die Schweiz gelangten, wohin die Familie Raff emigriert war. Irma musste am 1.7.1942 in ein „Judenhaus” umziehen, wurde wenige Wochen später deportiert und kam am 1.5.1944 im Konzentrationslager Theresienstadt um.

Elsas hinterließ ca. 15.000 Blätter, die heute im Nachlass im Museum im Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut, St. Gallen/Schweiz, aufbewahrt werden. Sein letztes Bild trägt die Nummer 25.025.